Am 13. Oktober 2022 trat eine Novelle des Gesetzbuches für Handelsgesellschaften in Kraft, die eine umfassende Regelung des Holdingrechts vorsieht. Der Entwurf des Gesetzes über Unternehmensgruppen wurde im Ministerium für Staatsvermögen (MAP) ausgearbeitet und hat bereits in der Gesetzgebungsphase für große Aufregung in der Rechtswelt gesorgt[1].
Bislang sah das polnische HGGB nur eine rudimentäre Regelung des Holdingsrechts für sogenannte Vertragsbeteiligungen vor. In der Praxis blieb die diesbezügliche Bestimmung von Art. 7 HGGB jedoch tot. Auf dem polnischen Markt gibt es tatsächliche Unternehmensgruppen, bei denen die Abhängigkeiten von der Muttergesellschaft durch das Prisma der Regelung des Art. 4 § 1 Punkt 4 des polnischen HGGB beurteilt werden (das Konzept der Muttergesellschaft).
Was ist eine Unternehmensgruppe im Sinne der neuen Gesetzgebung?
Im Vordergrund der neuen Regelung steht die Definition einer Unternehmensgruppe (Art. 4 § 1 Ziff. 51 HGGB). Als eine solche Gruppe sollten eine Muttergesellschaft und eine oder mehrere Tochtergesellschaften gelten, die Kapitalgesellschaften sind und sich gemäß dem Beschluss über die Beteiligung an der Unternehmensgruppe von einer gemeinsamen Strategie leiten lassen, um ein gemeinsames Interesse (das Interesse der Unternehmensgruppe) zu verfolgen, das die Ausübung einer einheitlichen Leitung durch die Muttergesellschaft gegenüber der oder den Tochtergesellschaften rechtfertigt.
Schon aus der Definition einer Unternehmensgruppe ergibt sich, dass ein notwendiges Element ihrer Gründung die Beschlussfassung über die Beteiligung an der Gruppe ist. Dies bedeutet, dass ab dem 13. Oktober 2022 sowohl tatsächliche Unternehmensgruppen, deren Beherrschungs-/Abhängigkeitsverhältnis sich aus den Voraussetzungen des Artikels 4 § 1(5)1 HGGB ergibt, als auch formelle Unternehmensgruppen, die durch Beschlussfassung der Eigentümer der Unternehmen der Gruppe gebildet wurden, nebeneinander tätig sein können. Der Gesetzgeber hat nämlich nicht vorgesehen, dass bestehende Unternehmensgruppen verpflichtet sind, einen Vertrag über die Beteiligung an einer Unternehmensgruppe zu schließen.
Die neuen Bestimmungen über Unternehmensgruppen gelten nicht für eine Aktiengesellschaft als Tochtergesellschaft, für Unternehmen in Liquidation oder Konkurs und für Unternehmen, die der Finanzmarktaufsicht unterliegen (vgl. Art. 2116 HGGB).
Um eine Unternehmensgruppe wirksam zu gründen, ist eine Eintragung in das nationale Gerichtsregister erforderlich, und es reicht aus, eine Tochtergesellschaft im Register anzugeben (das bedeutet, dass Unternehmensgruppen auch von ausländischen Muttergesellschaften gegründet werden können).
Erteilung schriftlicher verbindlicher Anweisungen
Die Regeln für das Funktionieren von Unternehmensgruppen sind im neuen Abschnitt IV enthalten. Unternehmensgruppen (Artikel 211 - 2116 HGGB). Grundlegendes Element der oben genannten Änderung ist nach wie vor die Befugnis der Muttergesellschaft, der Tochtergesellschaft verbindliche Anweisungen zu erteilen (Art. 212 HGGB).
Verbindliche Anweisungen der Muttergesellschaft können erteilt werden, wenn dies durch das Interesse der Unternehmensgruppe gerechtfertigt ist und die besonderen Bestimmungen nichts anderes vorsehen. Der Gesetzgeber hat es jedoch versäumt, den Begriff des Interesses einer Unternehmensgruppe zu definieren, so dass dies in Zukunft von den Gerichten und der Lehre beurteilt werden muss.
Der Begriff des Konzerninteresses ist von grundlegender Bedeutung, da er Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Erteilung einer verbindlichen Anweisung durch die Muttergesellschaft bei der Führung der Geschäfte der Tochtergesellschaft (Geschäftsentscheidung) ist.
Damit eine verbindliche Anweisung der Muttergesellschaft wirksam ist, muss sie in schriftlicher oder elektronischer Form unter Androhung der Nichtigkeit erlassen werden. Für die wirksame Durchführung durch die Tochtergesellschaft ist wiederum ein vorheriger Beschluss der Geschäftsführung der Tochtergesellschaft erforderlich.
Eine Tochtergesellschaft kann die Befolgung einer verbindlichen Anweisung nur innerhalb des strengen rechtlichen Rahmens von Art. 214 HGGB verweigern, unter anderem aufgrund der begründeten Befürchtung, dass die Befolgung der Anweisung zu einer Insolvenz oder einer drohenden Insolvenz führen oder den Interessen der Tochtergesellschaft zuwiderlaufen und ihr einen Schaden zufügen würde, der von der Muttergesellschaft oder einer anderen an der Unternehmensgruppe beteiligten Tochtergesellschaft nicht innerhalb einer Frist von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Schadensverursachung behoben werden kann.
Die Verweigerung der Befolgung einer verbindlichen Anweisung bei Gesellschaften mit einem einzigen Gesellschafter ist nur in den ersten beiden Fällen möglich. Dies bedeutet, dass die Muttergesellschaft nicht für Schäden haftet, die in einer Einpersonengesellschaft entstehen, es sei denn, die Ausführung einer verbindlichen Anweisung hat zu deren Insolvenz geführt. In der Praxis kann es in Gerichtsverfahren schwierig sein nachzuweisen, dass die Zahlungsunfähigkeit ausschließlich auf die Ausführung des Auftrags der Muttergesellschaft und nicht auf andere Faktoren (z. B. weltweite Krise, Anstieg der Energiepreise usw.) zurückzuführen ist.
Ein übermäßiger Formalismus, der der Realität der Geschäftstätigkeit von Konzernunternehmen nicht gerecht wird, in Verbindung mit unklaren Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Erlasses verbindlicher Anweisungen, spricht nicht für die Anerkennung dieses Mechanismus als Instrument für eine effiziente Konzernverwaltung. Schließlich geben auch die Verfasser der Änderung des HGGB [2] zu, dass die vorgenannten Bestimmungen die Möglichkeit nicht ausschließen, der Geschäftsführung der Tochtergesellschaft informelle Anweisungen zu erteilen (z. B. in Form eines telefonischen Kontakts).
Darüber hinaus kann die Angst der Unternehmensmanager, verbindliche schriftliche Anweisungen der Muttergesellschaft zu erteilen und zu akzeptieren, sie dazu veranlassen, sich in die "Grauzone" zu begeben und informelle, mündliche Anweisungen zu befolgen.
Wessen Sache ist das?
Gemäß Art. 211 § 1 HGGB haben sich eine Mutter- und eine Tochtergesellschaft, die einer Unternehmensgruppe angehören, neben dem Interesse der Gesellschaft auch vom Interesse der Unternehmensgruppe leiten zu lassen, sofern dies nicht zu Lasten der Gläubiger oder der Minderheitsbeteiligung der Tochtergesellschaft geht. Die Frage ist, ob sich die Unternehmen dabei von ihrem eigenen Interesse leiten lassen sollen oder ob sie dieses immer gegen das Interesse des gesamten Konzerns abwägen sollen, der "nebenher" agiert. Schließlich wird in der Rechtsprechung anerkannt, dass das Interesse der Gesellschaft das Ergebnis der Interessen aller Gesellschafter (Aktionäre) ist.
Die Analyse wird auch nicht durch Art. 214 § 2 HGGB erleichtert, der die Tochtergesellschaft dazu verpflichtet, abzuwägen, ob die Befolgung einer verbindlichen Anweisung im Interesse der Gruppe liegt oder ob sie die Befolgung verweigert, weil sie die Interessen der Tochtergesellschaft verletzt.
Die Praxis der nächsten Monate und Jahre wird zeigen, wie die oben genannten gesetzlichen Bestimmungen im Geschäftsverkehr funktionieren werden, einschließlich der Frage, ob es zu einer Massenregistrierung von Holdinggesellschaften im Landesgerichtsregister und zum Erlass von verbindlichen Anweisungen im gesetzlichen Verfahren kommen wird.
Sollten Sie weitere Fragen oder Probleme mit der Umsetzung der neuen Regelungen aus der Novelle des HGGB haben, wenden Sie sich bitte an Dr. Katarzyna Reszczyk-Król (katarzyna.reszczyk-krol@bsjp.pl ).
[1]A. Opalski, Die Reform des
Handelsgesetzbuchs: Bilanz der Vorteile und Kosten, newsletter Legalis, A. Opalski, Entwurf eines Gesetzes über
Unternehmensgruppen, d.h. ein Raubzug für die Unternehmen der Staatskasse,
Rzeczpospolita vom 23.08.2020, A. Szumański, Das neue Gesellschaftsrecht in
Polen - ein Systemkonzept der rechtlichen Regelung, PPH 08/2022, pp. 4 - 14, A.
Kappes, Der angebliche Schutz von Minderheitsaktionären im Holdingrecht, PPH
08.2022, pp. 15 - 22, K. Oplustil, Über das optimale Modell des Konzernrechts..
Kritische Anmerkungen zum Entwurf des Konzerngesetzes vom 20.07.2020,
Rechtsmonitor, Nr. 23/2020 und Nr. 24/2020.
[2] A. Szumański, Neues Gesetz über Unternehmensgruppen
in Polen - Systemkonzept der rechtlichen Regelung, PPH 08/2022, S. 12.